freiberuflich zu arbeiten. Freiberuflichkeit bedeutet für mich überleben, irgendwie. Einem Instinkt, Gelegenheiten und Überzeugungen folgen und egal; weitermachen. Existenzielle Ängste kenne ich seit meiner Kindheit. Obwohl ich mir diese Unsicherheit für mein Erwachsensein zunächst am liebsten weg gewünscht hätte, entscheide ich mich nunmehr ganz bewusst dafür.
Immer wieder denke ich über die Frage nach, wie Genderperformance, -prägung und gesellschaftliche Gender-Akzeptanz zusammen hängen, erst einmal in einer Box nur für mich und meine persönliche Biografie gedacht. Die letzten Jahre habe ich mich darin geübt meinem Ich psychoanalytisch zu begegnen. Nun aber verwerfe ich viele dieser Ansätze, weil ich sie für unzureichend halte:
Im Zweifel war die Gefahr einer Rückkopplung viel zu hoch (selbstverstärkende Effekte und Reproduktion bestehender Annahmen verführen zu selbsterfüllender Prophezeiung, diskriminierendes Verhalten kann beispielsweise solch eine Reproduktion sein). Auch in meinem Fall verfielen meine ehemalige Analytikerin und ich einer Diskriminierungs-Retraumatisierungsschleife, und ich konnte nur mit viel Überwindung die Reißleine ziehen, indem ich diese Therapie für gescheitert erklärte.
Als stünde ich wieder am Anfang der Fragen meiner Trans*identität, will und kann ich nur mit der banalen Erkenntnis aufs Naivste entscheiden, was sich für mich schlicht gut anfühlt, ich kann nur noch versuchen alle Störungsquellen zu erkennen, mich von ihnen entfernen und auf mich hören, also genau dasjenige verlernen, was ich aus verschiedenen Diskurs-Kulturen nahegelegt bekommen habe, umlernen, was die Gesellschaft und alle meine mir helfen wollenden Psychotherapien mich lehrten. Die Gesellschaft ist transfeindlich. Die Gesellschaft stellte mir so lange keine offenen Fragen zu meiner Geschlechtsidentität, bis ich genug Angst davor entwickelte mich selbst zu befragen. Die Gesellschaft verfolgte ein Ziel ohne es zu verraten: Komm zu uns, hier fühlen wir uns weniger bedroht, hier werden wir dich nicht bedrohen. Sei wie wir, dann wird alles ruhig.
Genau an dieser Stelle verorte ich meine bodenlose Wut, die mir die Zunge verknotete. Keine der Methoden, die ich in meinen therapeutischen Sitzungen seit meinem 16. Lebensjahr über Gefühlsregulation lernte, ließ mich diese Emotionen greifen. Nicht einmal halfen sie mir bei der Benennung des eigentlichen Problems: eine gegenseitige Verzahnung von Misogynie, Binarismus, Cisnormativität und Heteronormativität, die mich penetrant und in jeder Lebenssituation attackierte.
Erst die Abkehr von meiner Kompromissbereitschaft, Diskursfreudigkeit, mein Schrei nach Ruhe, lockerte den Beißkrampf dieser Bestie.
Es muss noch viel geschrien werden.
Zurück ins Neue der Selbstständigkeit, meines Überlebensdrangs, meiner naiven Frage danach, wer ich bin, welche Transition ich wann vollziehen kann, juristisch erkämpfen will und wer mitkommt. Kommst du mit? Bitte komm mit, sicher wird es für uns sehr spannend. Für mich wird es schwer und ich werde dich brauchen. Bitte komm und lass dich von meiner Unterhaltsamkeit bestechen.
Trailer meiner Kammeroper Крик [krjˈik] — der Schrei.
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die gesamte Videoaufzeichnung meiner Kammeroper Крик [krjˈik] — der Schrei finden Sie hier. Je nach Browser sind ein Einloggen und die Altersbestätigung erforderlich. Ich weigere mich meine Sprache zu zensieren, wenn ich schon eine komplette Videodokumentation meiner Kammeroper kostenlos anbiete. Auf Grund der Nutzungsbedingungen von Videoplattformen ist die Altersbeschränkung leider nötig.
Komposition, Libretto, Instrumentenbau, Regie, Programmierung, Sensoren, Audio- und Videoproduktion
El Kazovsky
Gedicht
Cora Hannen
Inszenierung, Dramaturgie
Julika Hing
Sopran, Sprecherin, Konkavbögen, Megaphone, Drucksensoren
Carla Genchi
Mezzosopran, Melodica, Megaphone, Drucksensoren
Mariko Lepage
Mezzosopran, Konkavbogen, Megaphone
Lotte Krüger
Harfe, Konkavbögen, Luftschlangen und Ellbogensensor
Daria Vorontsova
Klavier, Melodica, Toy piano
Yue Zou
Klavier, Melodica, Toy piano
Alexander Vozian
Klangregie
David Tanner
Video- und Lichtregie
Ferry Kummich und El Lukijanov
Design "shredded brain"
Wolfgang Rihm
Markus Hechtle
Amy Pollitz, Anatoliy Merzliakov, Badische Landesbibliothek Karlsruhe, der gesamten Bühnentechnik der Hochschule für Musik Karlsruhe, Cecilia Damström, Christoph Latzke, Cora Hannen, Christoph Latzke, Dániel Szabo, El Kazovskij, El Kazovsky Foundation, Ferry Kummich, Hochschule für Musik Karlsruhe, Institut für Musikwisschenschaft und Musikinformatik IMWI, Johanna Vargas, Kim Emily Panholz, Magdalena Cerezo Falces, Martin Döme, Michaela Kaiser, Michelle Sitko, Moritz Laßmann, Moritz Schenzle, S.A.M. Computerstudio der Hochschule für Musik Karlsruhe, Sean Silva, Shirley Wick, Toygun Kirali.
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